Altersdiskriminierung verstehen & erkennen

Beitrag
Fragst du dich, ob du eine andere Person aufgrund ihres Alters benachteiligst? Bist du dir unsicher, welche Handlungen unter Altersdiskriminierung fallen? Oder möchtest du wissen, wie es überhaupt zu altersbezogener Diskriminierung am Arbeitsplatz kommen kann? In diesem Beitrag erhältst du Antworten auf diese Fragen, mit einer Reihe von alltagspraktischen Beispielen.

Verstehen & Erkennen

Diskriminierungen können überall geschehen, wo Menschen aufeinandertreffen – sowohl im Privatleben als auch am Arbeitsplatz. Altersdiskriminierung bezeichnet hierbei immer die ungerechte Ungleichbehandlung einer Person (oder Gruppe) auf Grund ihres Alters. Wichtig ist jedoch zu unterscheiden, dass nicht jede Ungleichbehandlung diskriminierend ist, denn häufig besteht kein Anspruch auf Gleichbehandlung. Die folgenden beiden Szenarien zeigen daher Beispiele, in denen keine Altersdiskriminierung stattfindet:
  • Ältere Autofahrer:innen (und Fahranfänger:innen) zahlen höhere Versicherungsbeiträge, wenn diese mit objektiv höheren Unfallquoten begründet sind. Das ist nicht ungerecht und daher auch nicht diskriminierend.
  • Eine sachliche Rechtfertigung bestand auch, als während der Corona-Pandemie alte Menschen bei der Vergabe von Impfstoffen (als noch zu wenig Impfstoff für alle vorhanden war) priorisiert wurden. Hier lag daher eine nicht diskriminierende, legitime Ungleichbehandlung vor.
Das bedeutet auch, dass die Benachteiligung tatsächlich immer mit dem Alter zu tun haben muss. Das ist z. B. nicht der Fall, wenn eine jüngere Bewerberin einer älteren im Bewerbungsprozess vorgezogen wird – solange diese Entscheidung aufgrund der Qualifikation und unabhängig vom Alter getroffen wurde. In diesem Fall wird die ältere Bewerberin zwar abgelehnt, jedoch nicht wegen ihres Alters. Also ist dies keine Altersdiskriminierung.

Damit du ein besseres Verständnis davon hast, wie tatsächliche Ungleichbehandlung und Benachteilung im Alltag aussehen kann, zeigen dir die folgenden Beispiele unterschiedliche Formen von Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz:
  • Negative alterskonnotierte Bezeichnungen, disqualifizierende Wortwahl mit Altersbezug und herablassende Sprache (Patronizing talk) zu benutzen, wie z. B. alter Sack, Greis; noch grün hinter den Ohren sein; unser Baby bzw. Küken im Team, …
  • Arbeiten oder Aufgaben werden älteren Menschen ungefragt abgenommen. Hierdurch wird implizit vorausgesetzt, dass diese damit nicht mehr zurechtkommen. Nach dem Motto: „Lass mich das mal (besser) machen …“
  • Niedere oder unangenehme Aufgaben werden einseitig an das jüngste Teammitglied eingeteilt, wie z. B. Dienstzeiten am Wochenende und an Feiertagen; Nachtschichten; Saubermachen und Aufräumen. Nach dem Motto: „Da mussten wir alle durch, als wir hier angefangen haben.”
  • Die Arbeit jüngerer Teammitglieder wird von älteren Kolleg:innen präsentiert und gegenüber der Führungskraft oder Kund:innen als ihre eigene Leistung ausgegeben, ohne Verweis auf den Beitrag und die Leistung der jüngeren Person.
  • Von jüngeren Teammitgliedern werden Überstunden gefordert, mit Verweis auf das junge Alter als selbstverständlich behandelt und nicht vergütet. Nach dem Motto: „Das ist Teil der Qualifikation“ oder „Wenn du noch nicht effektiv genug bist, dann musst du das eben in deiner Freizeit nacharbeiten.”
  • Von jungen Mitarbeitenden wird wie selbstverständlich permanente Erreichbarkeit erwartet, auch nach Feierabend und am Wochenende. Nach dem Motto: „Dafür stellen wir Ihnen ja ein Smartphone zur Verfügung.“
  • Die Stellenausschreibung wird mit implizitem Altersbezug herausgegeben, oder es werden im Bewerbungsprozess Fragen mit Altersbezug gestellt, z. B. „Wie lange hätten Sie denn noch bis zum Renteneintritt?” oder „Fühlen Sie sich denn dieser Anforderungen noch gewachsen?”
  • Fortbildungsangebote werden selektiv nur an die jüngere Belegschaft geschickt.
  • Entscheidungen über ältere oder jüngere Mitarbeitende (z. B. in Bezug auf deren Aufgaben, Dienstzeiten oder Karriereentwicklung) werden ohne deren Einbezug getroffen.
  • Die Entlassungsentscheidung wird auf Grund des Alters eines bzw. einer Mitarbeitenden getroffen.
Hinweis: Dies waren eine Reihe von Beispielen, selbstverständlich gibt es noch viele weitere Handlungen, die diskriminierend sind. Solltest du dich also bei einem von dir erlebten Szenario unsicher sein, ob es sich hierbei tatsächlich um eine Diskriminierung handelt, wende dich gerne an die hier hinterlegten Ansprechpersonen oder an eine externe Beratungsstelle.

Entstehung & Einflussfaktoren

Eine Reihe von Aspekten sind dafür verantwortlich, dass Altersdiskriminierung – sowohl im Privatleben, als auch am Arbeitsplatz – stattfinden kann. Die zentrale Ursache liegt hierbei jedoch in den sogenannten Altersnormen. Das sind unsere Erwartungen und Überzeugungen, welches Verhalten für welche Altersgruppe angemessen ist. In Bezug auf ältere Menschen können das u.a. Normen wie das Platz machen für nachfolgende Generationen oder Bescheidenheit und Verzicht sein. Diese Erwartungen finden gesellschaftlich oft eine breite Zustimmung und werden als selbstverständlich hingenommen, auch wenn sie unrealistisch oder ungerecht sind. Als Folge werden diese Altersnormen von allen Menschen ein Stück weit verinnerlicht, sodass wir unsere Lebensplanungen und -handlungen (oft unbewusst) entsprechend anpassen. So nehmen ältere Menschen beispielsweise weniger Weiterbildungsangebote wahr und scheiden oft zum Renteneintritt gänzlich wie selbstverständlich aus dem Berufsleben aus. Denn nicht nach den Normen zu handeln würde zu einer gesellschaftlichen Sanktionierung führen, z. B. durch die zuvor gelisteten Beispiele von Altersdiskriminierung. Damit münden diese Normen letztlich auch in der Beschränkung von Partizipationsmöglichkeiten, Entscheidungsspielräumen und führen zu einer Selbstdiskriminierung.

Altersdiskriminierung kann, einhergehend mit den Altersnormen, ebenfalls die Konsequenz der bewussten oder unbewussten Verwendung altersbezogener Vorurteile, Stereotype (und bestehenden Altersbildern), Praktiken und institutioneller Strukturen sein, auf welche unangemessenes Verhalten gegenüber Menschen auf Grundlage ihres Alters folgt. In jeder bestehenden Form wird die bereits vorhandene Altersdiskriminierung in einer Organisation durch eine Reihe weiterer Einflüsse verstärkt. Das können z. B. die Folgenden sein:
  • bestehende Gewohnheiten
  • Zeitdruck
  • äußere Bedingungen, die Stress und Druck erzeugen, wie z. B. Umstrukturierungen, Wettbewerbsdruck oder Krisensituationen

Überlege zum Schluss einmal: Hast du einige dieser oder ähnlicher Beispiele von Diskriminierung bereits selbst (mit)erlebt? Haben dich einige Beispiele überrascht? Hast du selbst Vorurteile gegenüber älteren oder jüngeren Menschen? Wie du siehst, kann Altersdiskriminierung in ganz unterschiedlichen Formen auftreten. Wenn du dich nun fragst, was du tun kannst, um Menschen in Bezug auf ihr Alter weniger (unbewusst) zu benachteiligen, dann informiere dich gerne weiter hierzu in dieser Mediathek. Die weiteren Beiträge und Übungen zu Altersbildern, Altersnormen und Vorurteilen können dir dabei behilflich sein. Wenn du selbst bereits wegen deines Alters benachteiligt wurdest, kontaktiere gerne die hier hinterlegten (psychologischen) Ansprechpersonen – auch Wunsch auch anonym – um mit jemandem vertraulich darüber zu sprechen.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
Schweizerische Post

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