Achtsames Selbstmitgefühl

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Dieser Artikel wurde von der Sozialberatung der Schweizerischen Post erstellt

Selbstmitgefühl ist ein sehr altes Konzept in der buddhistischen Philosophie. Dabei hat Selbstmitgefühl nichts mit Selbstmitleid zu tun. Es geht vielmehr darum, Dir selbst in schwierigen Situationen genauso wohlwollend, verständnisvoll und helfend zu begegnen wie einem guten Freund. In der modernen Psychotherapie ist Mindful Self-Compassion ein Konzept, das noch relativ neu ist. Doch nicht nur für Therapeuten und Coaches ist diese Art von Perspektivenwechsel wichtig. Auch jeder andere Mensch, ob gesund oder psychisch krank, braucht Selbstakzeptanz und vor allem Selbstmitgefühl für seine mentale Gesundheit. 
Wie mitfühlend Du zu Dir selbst bist, zeigt sich nicht in guten Zeiten, sondern genau dann, wenn Du unzufrieden mit Dir bist. Stelle dir mal die Frage: ‘Wie gehe ich mit mir selbst um, wenn ich mich überfordert fühle, wenn mir etwas misslungen ist, ich einen Fehler gemacht habe oder mich in einer misslichen Lage befinde?’
Oft reagieren wir in solchen Momenten mit Selbstkritik, hinterfragen uns mehr als hilfreich ist, machen uns kleiner und hilfloser als wir sind. Kritik ist für Dein Gehirn das Gleiche wie eine Bedrohung. Und genau so reagiert dann der Körper: der Blutdruck steigt, Stresshormone werden freigesetzt, die Organe reagieren mit höherer Aktivität, der Kreislauf gerät in Mitleidenschaft – und wir fühlen uns noch schlechter als vorher. Dabei bräuchtest du genau dann am meisten Zuspruch, wärst du mehr denn je auf dein Selbstmitgefühl angewiesen! 

Wie wäre es also, wenn Du dir in schwierigen Zeiten mit Freundlichkeit begegnen und dich trösten würdest? 

Keiner sagt, das wäre einfach. Viele von uns haben einen starken inneren Kritiker, der uns alles vorwirft, was er finden kann. Doch Selbstmitgefühl kann von jeder und jedem erlernt werden. Dazu wurde von der Selbstmitgefühls-Forscherin Kristin Neff und dem klinischen Psychologen Christopher Germer ein Mindful Self-Compassion (MSC)-Trainingsprogramm entwickelt. Mehr darüber findest du im Internet oder im Buch ‘Achtsames Selbstmitgefühl’ – wie man sich von destruktiven Gedanken und Gefühlen befreit / Christopher Germer + Kristin Neff (auch als Hörbuch erhältlich)
Die zunehmende Forschung zu Selbstmitgefühl zeigt, dass eine freundliche innere Haltung uns selbst gegenüber Stress reduziert und allfällige Ängste und Depression vermindert. Auch auf unsere Beziehungsfähigkeit, Kooperationsbereitschaft und Motivation wirkt Selbstmitgefühl förderlich. 

Hier eine ganz einfache Übung

Lege eine oder beide Hände auf dein Herz (oder den Bauch oder wo es sich entspannt anfühlt). Atme drei Mal tief ein und aus – zähle beim Einatmen auf 3, beim Ausatmen auf 4. Lächle, auch wenn dir nicht danach ist – es geht trotzdem und gibt dem Hirn die Information: alles Gut = Entspannung.
Stell dir eine dir sehr nahestehende Person vor, die mit viel Stress zu dir kommt und dir erzählt, was ihr alles nicht gelungen ist / grad schief läuft, und die sich deswegen grosse Vorwürfe macht. Überlege dir, was du ihr sagen würdest, um sie zu beruhigen, zu trösten, aufzubauen. Schreibe diese guten Dinge auf kleine Zettel und hänge sie z.B. an den Badezimmerspiegel, wo du sie ganz sicher siehst.
Wie bei einem Muskeltraining ist auch bei einem Training von Selbstmitgefühl ausschlaggebend, wie oft du es praktizierst. Und am leichtesten fällt es dir, wenn du die Übungen gerne machst. Finde darum heraus, welche Sätze dir selber am besten tun und wende sie regelmässig an. 

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