Gespräch bei vermuteter Sucht vorbereiten
BeitragDie richtige Ansprache ist besonders wichtig, wenn es darum geht, suchtgefährdeten oder suchterkrankten Mitarbeitenden Hilfe anzubieten. Es führt jedoch kein Weg daran vorbei, die betroffene Person mit ihrem auffälligen Verhalten zu konfrontieren und die Erwartung zu äußern, dass sich etwas ändern muss.
Je früher das Thema angesprochen wird, desto größer sind die Erfolgsaussichten.
Dabei ist wichtig, dass du als Führungskraft ein gutes Gleichgewicht zwischen dem Angebot von Hilfe und der Konfrontation mit möglichen Konsequenzen wahrst. Mache dir bewusst, dass du die betroffene Person nur dann unterstützten kannst, wenn sie dir Vertrauen schenkt. Vorwürfe, Unterstellungen und Angstmacherei können die Person bedrängen.
Versuche, mit Hilfe der folgenden Gesprächseinleitung das Gespräch so zu führen, dass die betroffene Person deine Unterstützungsbereitschaft erkennt und offen über die Situation und Ursachen sprechen kann.
Gesprächsvorbereitung
- Sorge für eine ruhige und ungestörte Gesprächssituation (z. B. abgeschlossenen Besprechungsraum organisieren).
- Vermeide Störungsquellen, indem du z. B. dein Telefon ausschaltest bzw. umleitest.
- Plane ausreichend Zeit ein.
- Lege das Ziel des Gesprächs fest.
- Trage die beobachteten Auffälligkeiten im Arbeits-, Sozial- und Gesundheitsverhalten zusammen.
- Definiere, welche Verhaltensänderung du von deinem Gegenüber erwarten.
- Informiere dich im Vorfeld über inner- und außerbetriebliche Beratungsangebote sowie Online-Angebote.
Einleitung ins Gespräch
- Begrüße dein Gegenüber freundlich mit Namen, biete einen Platz an.
- Informiere über den angesetzten Zeitrahmen.
- Mache deutlich, welches Ziel du mit dem Gespräch verfolgst.
Für das Erstgespräch sind drei Minimalziele wichtig:
- Die Person hat verstanden, dass du Auffälligkeiten wahrnimmst und nicht wegschaust.
- Die Person hat verstanden, dass du die Auffälligkeiten nicht länger duldest und eine Rückkehr zur gewohnt guten Zusammenarbeit anstrebst.
- Die Person weiß, wo sie Unterstützung findet, wenn sie die Auffälligkeiten nicht ohne Hilfe abstellen kann (z. B. betriebliche Ansprechperson für Suchtprävention, hauptamtliche Sozialberatung, Betriebsrat, Online-Angebote, etc.).
Zum Beispiel kannst du sagen, dass du das Gespräch suchst, weil du dir Sorgen um die Person machst und du nach Lösungsmöglichkeiten suchst, sie zu unterstützen. Weise auch darauf hin, dass es als Führungskraft deine Aufgabe ist, darauf zu achten, dass sich alle Mitarbeitenden an die Unternehmensrichtlinien und arbeitsschutzrechtlichen Pflichten halten und du bei Verstoß dazu verpflichtet bist, entsprechende Konsequenzen zu ziehen.
Problemerörterung
- Beschreibe das auffällige Verhalten sachlich und anhand von Beispielen.
- Gib der betroffenen Person die Gelegenheit, Stellung zu beziehen.
- Lasse Rückfragen zu, ohne dich in eine Diskussion verleiten oder vom Thema ablenken zu lassen.
- Stelle immer wieder das gemeinsame Interesse heraus. Du kannst zum Beispiel sagen „Wir möchten doch beide, dass wir wieder gut zusammenarbeiten können.“
Sei dir bewusst, dass das Ansprechen von Auffälligkeiten, die auf ein Alkoholproblem hinweisen, unangenehm ist und die Reaktionen der betroffenen Personen sehr unterschiedlich und unvorhersehbar sind. Folgende Beispiele helfen dabei, dich auf mögliche Reaktionen vorzubereiten:
- Einsichtig: „Ich bin dankbar, dass du es ansprichst. Ehrlich gesagt ist der Alkoholkonsum nur eine Folge meiner privaten Herausforderungen zu Hause (...).“
- Ermutigt: „Ich möchte schon seit einer Weile etwas dagegen tun, aber alleine habe ich es bisher einfach nicht geschafft.“
- Verharmlosend: „So schlimm ist es doch gar nicht.“, „Du übertreibst mal wieder.“
- Abstreitend: „Das stimmt einfach nicht nicht.“, „Du lügst“
- Selbstbemitleidend: „Ich weiß einfach nicht, wie ich mir sonst helfen soll – ohne geht es einfach nicht mehr. Wenn du es den anderen erzählst, verliere ich meinen Job und kann direkt einpacken. Dafür willst du doch auch nicht verantwortlich sein, oder?“
- Drohend: „Über dich könnte ich den Kolleg:innen auch so einiges erzählen.“, „Wenn du wüsstest, was ich alles über dich so weiß.“
Beziehe dich unbedingt auf Fakten und spekuliere nicht, woran es liegen könnte. Frage die Person stattdessen, woran es liegt, dass sie nicht mehr so zuverlässig ist wie bisher.
Bleibe also immer bei der eigenen Wahrnehmung der Auffälligkeiten. Das verhindert Fehlinterpretationen und die daraus resultierenden Widerstände. Du kannst zum Beispiel sagen: „Ich kenne dich als zuverlässige:n und motivierte:n Mitarbeitende:n. Die beschriebenen Auffälligkeiten passen nicht zu dir. Ich kenne dich so nicht. Das irritiert mich und ich kann mir nicht erklären, was sich verändert hat.“
Hilfeangebot unterbreiten
Im ersten Gespräch soll die betroffene Person die Gelegenheit erhalten, die Situation zu beschreiben und sich für ihre eigenen Verhaltensmuster zu sensibilisieren. Zu schnelle Lösungen könnten im ersten Gespräch unpassend sein oder wichtige Details unberücksichtigt lassen.
- Biete Unterstützung an, indem du konkrete interne oder externe Beratungsangebote benennst und anbietest, die Person mit einer zuständigen Anlaufstelle zu vernetzen.
- Mache dir für deine eigene Erwartungshaltung an das Gespräch klar, dass es nicht deine Aufgabe ist, eine Diagnose zu stellen oder die Probleme der betroffenen Person zu lösen. Vielmehr geht es darum, der betroffenen Person ein offenes Ohr zu schenken, Angebote bereitzustellen und die Person dazu zu befähigen, sich professionelle Unterstützung zu suchen.
- Weise darauf hin, dass die Person selbst darüber entscheidet, ob sie diese Angebote annimmt.
Abschluss finden
- Betone deine Erwartungen an das künftige Arbeits- und Sozialverhalten des oder der Mitarbeitenden.
- Treffe feste Vereinbarungen über künftige Maßnahmen.
- Verdeutliche ggf. weitere Konsequenzen, sollten keine Änderungen eintreten.
- Benenne einen nächsten Gesprächstermin.
Weitere Tipps
Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Eine betroffene Person auf Auffälligkeiten anzusprechen, ist ein heikles Thema. Achte daher besonders auf diese abschließenden Tipps:
- Sofern du kein Arzt bzw. Ärztin oder vergleichbare Fachperson bist, solltest du keine Diagnose stellen oder medizinische Ratschläge geben.
- Betone, dass ihr beide das gleiche Ziel verfolgt. Vorwürfe und Unterstellungen wie z. B. „Doch, du hast ein Alkoholproblem!“ sind nicht hilfreich, um gemeinsam ans Ziel zu kommen. Reagiere alternativ mit einer Aussage wie "Was die Ursache für die Auffälligkeiten und Veränderungen sind, kannst du am besten beurteilen. Ich möchte mit dir Lösungen finden, wie du die besprochenen Verhaltensweisen ändern kannst.“
- Aussagen wie „Du wirst abhängig, es wird alles immer schlimmer!“ sind wenig hilfreich und können Panik hervorrufen sowie für Widerstand sorgen. Bleibe immer sachlich und beziehe dich nur auf das, was du beobachtet hast und was dir Sorge macht. Nutze darüber hinaus „Ich-Botschaften“ (z. B. „Mir ist wichtig, dass..“, „Ich mache mir Sorgen...“)
- Lass dir die Gesprächsführung nicht aus der Hand nehmen oder dich in Diskussionen verwickeln.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
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